Truck-pulling ...
20 Junggesellen ziehen einen beladenen 40-Tonner

Wettringen, 11. April 1999, es ist 16:30 Uhr. Alle Zufahrtsstraßen zum Wettringer Gewerbegebiet sind von parkenden Autos besetzt. Autokennzeichen verraten, daß ihre Besitzer aus einem weiten Umkreis ins Hiärtken van die Wiält angereist sind. Auf dem Prozessionsweg und den Nebenstraßen ein Gedränge, daß kaum noch ein Durchkommen möglich ist. Unentwegt startet der Hubschrauber zum Rundflug über den Ort. Eine Unmenge Menschen möchten Wettringen aus luftiger Höhe kennenlernen. Vorbei an den vielen Unternehmen, die zum Tag der offenen Tür eingeladen haben, nähern wir uns dem Startpunkt, von dem aus 20 bärenstarke Junggesellen einen 40-Tonner über eine Strecke von 200 Metern ziehen wollen. Spannung auf allen Gesichtern. Um einen Bierstand haben sich die 20 Junggesellenbären versammelt, Vorsitzender Jürgen Bischoff mitten unter ihnen. Man nimmt noch schnell kräftigen Gerstensaft zur Brust. „Das schaffen die nie!“, hört man sagen. „Für die gehe ich keine Wette ein.“ 16.45 Uhr. Auf dem Gelände der Krümpel KG setzt sich ein riesiger roter Truck in Bewegung. Warnlichter leuchten auf, er gibt Lautzeichen.

Wie eine gewaltige Fanfare erklingt es. Hinter ihm taucht ein blauer Truck der Fa. Pröbsting „Agrartec“ auf. Voll beladen. Er ist es, der von den Junggesellen gezogen werden muß. Nach einer Ehrenrunde nähern sich beide Fahrzeuge von der Bilker Straße aus über den Grünen Weg dem Start. „Komm, komm, komm, komm!“ so erklingt es in fast aufreizendem Ton aus 20 tiefen Junggesellenstimmen. Die Leute weichen zur Seite. Der blaue Truck hält auf der Startlinie. Hinter ihm ein Trecker mit einem Planwagen, auf diesem eine Brassband, die munter drauflos spielt. Sie kommt aus Holland, wie die Gespräche erkennen lassen. Am Steuer des Trucks sitzt Christoph Pröbsting. „Noch fünf Minuten, dann geht es los!“ Gar nicht so leicht, zu verwirklichen. Die vielen Zuschauer, teils sind sie auf die am Straßenrand stehenden Fahrzeuge geklettert, machen die Straße nicht in genügender Breite frei. „Leute, geht zur Seite! Es wäre doch schade, wenn man in die Bremse treten müßte und die Junggesellen deshalb die Wette verlieren würden.“ Es dauert zwar, aber schließlich ist die Fahrbahn frei. „Achtung, fertigmachen!“ Die Junggesellen ergreifen die fast fünf Zentimeter dicken Zugtaue. „Fünf, vier, drei,zwei eins, null!“.

40 Füße stemmen sich gegen den Asphalt, 40 Hände greifen zu, 40 Waden spannen sich, 40 Oberarmmuskeln spielen. Auf dem 40-Tonner sitzt ein Junggeselle Er erhöht das Gewicht um einige Pfunde, aber was soll´s? Er schlägt in schönem Takt die Trommel. Und siehe da, der Lastwagen setzt sich in Bewegung, wird schneller und schneller. Die Junggesellen legen sich mächtig in die Seile. Müssen sie auch, denn ein wenig nachzugeben hätte den erhofften Sieg kosten können. Wer genau hinsieht, bemerkt, daß die Straße auf einer Länge von ca. 150 Metern leicht ansteigt. Anfeuerungsrufe von allen Seiten. „Zieht, zieht, zieht!“ Tun sie ja!

Am Wettringer Brauhaus ist die Steigungshöhe erreicht. Werden die Junggesellen sie bewältigen? „Nur hier nicht zum Stillstehen kommen! Ziehen, ziehen, habe ich gedacht!“ äußert sich später Jürgen Bischoff, fast noch nach Luft ringend. Wie er denken wohl alle. Schweiß bedeckt in dicken Tropfen die Gesichter der Junggesellen. Und dann ist man über den Höhepunkt der Strecke hinaus. Tiefes Auf- und Durchatmen. Man muß nun gar nicht mehr so kräftig ziehen. Das läßt sich daran erkennen, daß die Zugseile nicht mehr straff gespannt sind. Sie hängen hier und da gar durch. Am Gelände der Firma Bauprofi ist das Ziel erreicht. Die Junggesellen werfen die Arme in die Luft, jubeln, schreien vor Begeisterung. Nicht nur sie. „Die Junggesellen haben die Wette eindeutig gewonnen!“ gibt „Bauer“ Christoph Pröbsting über den LKW-Lautsprecher bekannt. Jürgen Bischoff ergreift auch das Mikrophon, bedankt sich bei ihm für das Wettangebot und bei den Zuschauern für die unterstützenden Anfeuerungsrufe. Und auf eines verweist er sie. „Im Verlauf des Dorffestes werden wir am Samstag (24. April“ zwischen 15.30 und 16:00 Uhr die antiken Kinostühle aus dem Delitheater in Neuenkirchen versteigern. Der Erlös geht an die Flüchtlingshilfe für den Kosovo. Bietet also tüchtig!“ Beifall erklingt. „Tolle Jungs!“ – „Die haben dem Pastor ja auch schon über 1400 Mark übergeben!“ – „Alle Achtung!“ Man ist informiert, liest ja schließlich die Zeitung. Das 50-Liter-Faß rollt an, wird gleich angezapft. Mein Gott, muß ein kühles Bier nach dieser schweißtreibenden Anstrengung köstlich sein!