Die Rede am Mahnmal von Oberst Johannes Hellermann

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Liebe Junggesellen, werte Anwesende,

wie in jedem der letzten Jahre, feiert der Junggesellen Schützenverein auch in diesem Jahr wieder sein Schützenfest. Bei den meisten von uns herrscht ausgelassene, zufriedene Stimmung, weil man sich auf die bevorstehenden Feierlichkeiten freut. Wie es zu jedem Schützenfest Tradition ist, stehen wir auch jetzt vor dem Mahnmal, um uns trotz unserer guten Laune dessen zu besinnen, was in der Welt um uns für Elend und Trauer sorgt:
Neben den grausamen Terroranschlägen die im letzten Herbst für Betroffenheit sorgten, ist aktuell vor allem der Amoklauf in Erfurt zu nennen.
Es ist für die meisten von uns unvorstellbar, weshalb solche Grausamkeiten geschehen.

Während sich ein Grossteil von uns im Moment vielleicht darüber Gedanken macht, wer heute Nachmittag König wird, denkt ein Großteil der Weltbevölkerung darüber nach, wie er es schafft den morgigen Tag zu erleben!

Der Amoklauf in Erfurt und die Terroranschläge in den USA am 11.September letzten Jahres haben uns allen verdeutlicht, dass die Angst vor Krieg und Gewalt nicht nur in Jerusalem oder anderen entfernten Teilen der Welt herrscht; - Nein es gibt sie auch in der so genannten ersten Welt, in Gebieten, die als die höchst Zivilisiertesten der Welt gelten.

Es war schockierend anzusehen, wie Flugzeuge in die Türme des World-Trade-Center flogen! Eine Welle der Entrüstung war die Folge. Man fühlte mit den Amerikanern, mit den Opfern und mit deren Angehörigen. Es wurden Sammlungen für die Angehörigen der verunglückten Feuerwehrleute gehalten - nicht - weil das große Amerika dies nicht selbst tat, oder weil dort nicht genug zusammengekommen wäre – Nein, aus Verbundenheit und Solidarität, um zu zeigen : Wir fühlen mit Euch ! Ebenso jetzt in Erfurt, wildfremde Menschen legen Blumen nieder um den Trauernden ihre Verbundenheit zu zeigen.

Aber wo bleibt diese Solidarität im alltäglichen Leben?
Bedarf es immer der großen Katastrophen, um Solidarität zu zeigen?
Solidarität wird mit Zusammengehörigkeitsgefühl, wechselseitiger Verbundenheit und vor allem Mitverantwortung umschrieben!

Gut, man zeigt Verbundenheit mit seiner Familie und den Freunden, aber bei den Nachbarn hört es manchmal schon oft auf.

Vielleicht ist die Ursache des mangelnden Solidaritätsgefühls, dass ohne Frage in unserer Gesellschaft zum Problem wird, in einem immer höher werdenden Lebensstandart zu suchen. Wer macht sich schon die Mühe gebrauchte Kleidung zur Altkleidersammlung zu bringen, wo der Weg zu Mülltonne doch nun wesentlich kürzer ist.

Oder liegt das mangelnde Mitgefühl an unserer zunehmenden Verrohung, an den Medien?
Wer erschrickt denn heute noch beim Anblick einer Krimileiche?
Ein Unfallbericht muß schon viele Opfer haben, um überhaupt erwähnenswert zu sein. Anstatt mit den Opfern oder den Angehörigen eines Unfalls zu fühlen, oder sich in die Lage eines Retters zu versetzen der gerade schrecklichste Dinge gesehen hat, werden möglichst viele Bilder gezeigt.

Dies ist aber eine Schraube ohne Ende. Wenn es immer mehr an Spektakulärem braucht, damit wir Mitgefühl oder Solidarität zeigen, wird unsere Welt mit Sicherheit nicht lebenswerter. - Im Gegenteil! Wir als Bevölkerung eines Teiles der Erde, der sich nicht um sein tägliches Brot sorgen muß, der sich nicht vor Heckenschützen und Selbstmordattentätern schützen muß, sind dazu verpflichtet alles in unserer Macht stehende zu tun, um diese Welt lebenswerter zu machen. Und das fängt schon im Kleinen an:

Wenn man mit offenen Augen, hilfsbreit durchs Leben geht, und nicht nur an seine Sachen denkt, findet man genügend Möglichkeiten, - kleine Dinge - , die zu tun sind , um das Leben lebenswerter zu machen. Hilfsbereitschaft zeigen bedeutet Solidarität zeigen.

Denn Solidarität und Mitgefühl dürfen nicht verloren gehen, dafür müssen wir alle sorgen!

In diesem Sinne wollen wir nun hier an diesem Mahnmal unseren Kranz niederlegen, auch um zu zeigen, dass wir als Schützenverein uns von jeglicher Gewalt distanzieren. Und in der Hoffnung, wenigstens in unseren Reihen das Solidaritätsgefühl zu stärken.

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